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Scheidung: Kosten einer Ehescheidung in vollem Umfang steuerlich absetzbar

Können die Kosten einer Ehescheidung in vollem Umfang steuerlich abgesetzt werden?

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied zugunsten des gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung des Finanzamtes klagenden geschiedenen Ehegatten und urteilte, dass die mit einer Ehescheidung zusammenhängenden Gerichts- und Anwaltskosten in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden können.

Der geschiedene Ehepartner hatte im Jahr 2010 Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 8.195 Euro für die Ehescheidung aufgewandt. Diese Kosten wollte er bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wissen, obwohl sie nicht nur die eigentliche Ehescheidung betrafen, sondern auch Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt beinhalteten.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Prozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 20. Dezember 2011 IV C 4-S 2284, BStBl I 2011, 1286) und erkannt die die Kosten nur insoweit steuerwirksam an, als sie auf die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich entfielen. Einen Abzug der Aufwendungen, die auf die im Vergleichswege im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens getroffenen Regelungen zu Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich) und Unterhaltsansprüchen entfielen, ließ das Finanzamt hingegen nicht zu.

Das sah das Finanzgericht Düsseldorf mit folgender Begründung allerdings anders:

„Das Recht der Ehe (Eheschließung und -scheidung einschließlich der daraus folgenden Unterhalts-, Vermögens- und Versorgungsfragen) unterliegt allein dem staatlich dafür vorgesehenen Verfahren. Ein anderes, billigeres Verfahren steht Eheleuten zur Beendigung einer Ehe nicht zur Verfügung; eine gewaltsame Konfliktlösung wird nicht gebilligt. § 623 der Zivilprozessordnung (ZPO) a. F. ordnet für den Fall, dass im Zusammenhang mit der Durchführung eines Scheidungsverfahrens die Regelung einer anderen Familiensache begehrt wird (sog. Folgesachen), einen Verhandlungs- und Entscheidungsverbund zwischen der Scheidungssache und der Folgesache an. Zweck der Vorschrift ist es, den Ehegatten deutlich vor Augen zu führen, welche Wirkungen die Scheidung für sie haben wird. Schließlich wird auch der schwächere Ehegatte, der sich der Scheidung nicht mit Erfolg widersetzen kann, durch den Verhandlungs- und Entscheidungsverbund geschützt. Er kann wenigstens sicher sein, dass die Ehe nicht geschieden wird, bevor die für ihn wichtigen Fragen geregelt sind. Der Verhandlungs- und Entscheidungsverbund bewirkt einen Zwang zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Ein unter Missachtung des Verbunds gefälltes Scheidungsurteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Diese nicht zuletzt aus dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes ‑ GG -) folgenden Erwägungen werden verletzt, wenn die Möglichkeit der Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) auf Fälle des sog. Zwangsverbundes zwischen Ehescheidung und Versorgungsausgleich begrenzt wäre. Kausal für die insgesamt zu treffenden Regelungen einschließlich der vermögensrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Beziehungen ist die Beendigung der bisher bestehenden Ehe durch die begehrte Ehescheidung. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die die Ehescheidung Begehrenden letztere durch Urteil klären oder im Vergleichswege vom Gericht beurkunden lassen. Im Übrigen soll das Gericht in jeder Lage eines Verfahrens auf die vergleichsweise Regelung eines Rechtsstreits hinwirken (§ 278 Abs. 1, 2 und 6 der ZPO). Anders als bei einem nicht aus dem Scheidungsverfahren resultierenden Vergleich zur Regelung vermögensrechtlicher oder güterrechtlicher Ansprüche, der der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 2 EStG zuzurechnen ist, ist ein mit dem Scheidungsverfahren bestehender Veranlassungszusammenhang gegeben. Jeder Ehegatte könnte diese Fragen durch Antragstellung zum Verfahrensgegenstand der Scheidungssache machen, über die insgesamt dann durch Urteil zu entscheiden wäre. Unter Heranziehung der durch Urteil des BFH vom 12. Mai 2011 (a. a. O.) geänderten Rechtsprechung, wonach Zivilprozesskosten Kläger wie Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, sind die der Klägerin insgesamt mit der Ehescheidung erwachsenen Verfahrensaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig (im Ergebnis ebenso Urteil des Schleswig-Hosteinischen Finanzgerichts vom 21. Februar 2012 1 K 75/11, bisher nicht veröffentlicht).“

Das Finanzgericht hat zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen zum Abzug von Prozesskosten die Revision zum BFH zugelassen.

(Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2013 – 10 K 2392/12 E -)

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