Kindergeld: Auch verheiratetes Kind in Erstausbildung hat Anspruch!

So entschied das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 16.07.2013 – Az. 9 K 935/13 -.

 

Die Klägerin ist gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die gleichzeitige Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum ab Januar 2012 vorgegangen und hat vor dem Finanzgericht Köln Recht bekommen.

 

Die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch – so das Finanzgericht – lagen vor. Denn die 21 Jahre alte, verheiratete Tochter der Klägerin erfüllte die für die Gewährung von Kindergeld im EStG enthaltenen tatbestandlichen Voraussetzungen nach dem EStG, da sie sich als „volljähriges Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres“ in einer „ersten Berufsausbildung“, nämlich zur Handelsassistentin, befand. Weitere Anspruchsvoraussetzungen sieht das Gesetz nicht vor.

 

Weder die Höhe der Ausbildungsvergütung der Tochter sei für den Kindergeldanspruch der Klägerin von Bedeutung noch ein etwaiger Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihren Ehegatten, da zum 1. Januar 2012 die Prüfung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, zu denen auch der Unterhaltsanspruch gehöre, entfallen ist.

 

Entgegen der früheren ausdrücklich aufgegebenen Rechtsprechung des BFH, setze der Kindergeldanspruch auch keine „typische Unterhaltssituation“ mehr voraus. Nach diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal war ein Kindergeldanspruch nicht gegeben, wenn ein Kind verheiratet war und kein sog. Mangelfall vorlag oder das Kind einer Vollzeitbeschäftigung nachging.

 

Das Gesetz sieht für verheiratete Kinder jedoch keinerlei besondere Einschränkungen oder einen entsprechenden Ausschlusstatbestand vor, was jedoch erfolgt wäre bzw. hätte erfolgen müssen, hätte der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch für verheiratete Kinder ausschließen wollen.

 

Da der Umstand, dass die Tochter verheiratet ist dementsprechend dem Kindergeldanspruch nicht entgegensteht, sei es unerheblich, ob ein sog. Mangelfall vorliege.

 

Mangels gesetzlicher Regelung könne das Fehlen einer „typischen Unterhaltssituation“, d.h. die Frage, ob ein Kind typischerweise auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern angewiesen ist,  einen nach dem Gesetz bestehenden Kindergeldanspruch nicht ausschließen, zumal die „typische Unterhaltssituation“ erst im Rahmen der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a. F.) zu prüfen war, auf die es seit dem 1. Januar 2012 mit Wegfall des Grenzbetrages nicht mehr ankomme.

 

Anmerkung:

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Kindergeldberechtigung für verheiratete Kinder nach Wegfall des Grenzbetrags hat das Finanzgericht die Revision zugelassen. Auch steht die Entscheidung im Widerspruch zu einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung.